Zukunftsprojekte

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Gräser/Heike Tappe

Buch 2 – noch ohne Titel

Während sich der Inhalt von Der Geschmack von Milch ganz leicht aus den Briefen, Urkunden und Fotos der Familie Struckmeier zusammentragen ließ, wird es nun mit der zweiten großen Aufgabe etwas schwerer. Im ersten Buch überwiegt die Sichtweise des Vaters, seine Erlebnisse in der Kindheit, beim Militär und im späteren Geschäftsleben. Sein Leben spielte in Rumbeck, Bückeburg, Hajen, Esperde und Grohnde.

Noch nicht beantwortet sind die Fragen zu Mutter Gundi. Wie stand sie zu den massiven Veränderungen in ihrem Leben? Wie hat sie den Verlust der Heimat in Ostpreußen verkraftet? Was wissen wir über ihre Eltern und Großeltern? Es gibt Fotos und Briefe, aber auch Zeitzeugen. Menschen, die mit ihr geflohen sind oder solche, die die Schneiderei aufgebaut haben und später im GrohnderFährhaus so „manche Schlacht geschlagen“haben.

Jetzt geht es um Orte rund um Rastenburg, Carlshof, die Wolfsschanze, Parchim, Lüerdissen, Mündersbach, Hajen und schließlich auch Grohnde.

Mit einer Veröffentlichung des zweiten Buches ist nicht vor 2025 zu rechnen. Aber es gibt hier schon ein paar Zeilen im Vorabdruck zu lesen: Die Einleitung.

Während sich der Inhalt von Der Geschmack von Milch ganz leicht aus den Briefen, Urkunden und Fotos der Familie Struckmeier zusammentragen ließ, wird es nun mit der zweiten großen Aufgabe etwas schwerer. Im ersten Buch überwiegt die Sichtweise des Vaters, seine Erlebnisse in der Kindheit, beim Militär und im späteren Geschäftsleben. Sein Leben spielte in Rumbeck, Bückeburg, Hajen, Esperde und Grohnde.

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Noch nicht beantwortet sind die Fragen zu Mutter Gundi. Wie stand sie zu den massiven Veränderungen in ihrem Leben? Wie hat sie den Verlust der Heimat in Ostpreußen verkraftet? Was wissen wir über ihre Eltern und Großeltern? Es gibt Fotos und Briefe, aber auch Zeitzeugen. Menschen, die mit ihr geflohen sind oder solche, die die Schneiderei aufgebaut haben und später im GrohnderFährhaus so „manche Schlacht geschlagen“haben.

Jetzt geht es um Orte rund um Rastenburg, Carlshof, die Wolfsschanze, Parchim, Lüerdissen, Mündersbach, Hajen und schließlich auch Grohnde.

Mit einer Veröffentlichung des zweiten Buches ist nicht vor 2025 zu rechnen. Aber es gibt hier schon ein paar Zeilen im Vorabdruck zu lesen: Die Einleitung.

Zitat aus dem Buch: „Emotionales Erbe“ von Calit Atlas im Dumont Verlag 2022 erschienen (S. 91).

Jede Lebensveränderung ist ein kleiner Abschied von unserer Vergangenheit, von unserer Kindheit, unseren Rollen in der Familie, von unserem bewussten Selbst. Sich zu entwickeln, etwas zu erschaffen, heißt sich von etwas anderem zu trennen und die Zukunft zu leben, statt das Gestern zu hegen und zu pflegen. Eine unverarbeitete Vergangenheit hindert uns daran, voranzukommen. Sie hält uns als Wächter unserer Geschichte gefangen. (Zitat Ende)

Diese Aussagen in einem Buch von Calit Atlas beschreiben meine Erfahrungen auf den Punkt genau. Sie belegt tatsächlich wissenschaftlich, was mich schon lange beschäftigt hat. Es ist die Erfahrung, dass offensichtlich Vergangenheit, wenn sie beeindruckend, verletzend oder mindestens geheim war, in uns weiter schlummert und sogar vererbt wird. Man kommt nicht wirklich voran in der eigenen Entwicklung, wenn man die Geheimnisse nicht aufdeckt, mindestens verzeiht und abschließt.

Die Verhaltensform der Kriegsgeneration, schlimme Erlebnisse zu verdrängen, nie mehr zu erwähnen und damit für gelöscht zuhalten, ist ein Trugschluss gewesen. Die unverarbeitete Vergangenheit liegt also im Archiv und wartet darauf, unkontrolliert aufzutreten und unser Leben, unsere Entscheidungen zu beeinflussen. Psychologen können heute in Studien nachweisen, dass selbst Enkel von ihren Großeltern Erfahrungen, vor allem traumatische in sich tragen. Somit macht es für die Nachkriegskinder Sinn, die eigene Familiengeschichte zu erforschen, zu verstehen und schließlich ihren Frieden mit ihr zu schließen.

Und für die Nachkriegsenkel kann es eine Erklärung sein, warum sie plötzlich etwas wissen, fühlen, verteidigen, ablehnen oder schön finden, ohne den Ursprung zu kennen. Sich mit der Vergangenheit seiner Familie zu beschäftigen, ist also keine rückgewandte Lebensform, sondern der Beginn seine Zukunft auf einem wohlbekannten Fundament zu bauen. Es ist der Anfang von einer geistigen Entwicklung, frei von Dämonen. Calit Atlas schreibt auch: Dämonen lieben die Dunkelheit, wenn man Licht anmacht, verschwinden sie.

Mit diesem Bewusstsein habe ich mich auf den Weg gemacht, das Leben meines masurischen Urgroßvaters und seiner Nachfahren in Rastenburg, bis hin zu meiner Mutter nachzuzeichnen, auch im Kontext der wechselnden Politik. Die Wissenslücken waren groß und konnten nur gefüllt werden durch die Unterstützung noch lebender Zeitzeugen. Allen Helfern sage ich an dieser Stelle Dank, dass sie sich mit mir auf den Weg zurück begeben haben.

Zitat aus dem Buch: „Emotionales Erbe“ von Calit Atlas im Dumont Verlag 2022 erschienen (S. 91).

Jede Lebensveränderung ist ein kleiner Abschied von unserer Vergangenheit, von unserer Kindheit, unseren Rollen in der Familie, von unserem bewussten Selbst. Sich zu entwickeln, etwas zu erschaffen, heißt sich von etwas anderem zu trennen und die Zukunft zu leben, statt das Gestern zu hegen und zu pflegen. Eine unverarbeitete Vergangenheit hindert uns daran, voranzukommen. Sie hält uns als Wächter unserer Geschichte gefangen. (Zitat Ende)

Diese Aussagen in einem Buch von Calit Atlas beschreiben meine Erfahrungen auf den Punkt genau. Sie belegt tatsächlich wissenschaftlich, was mich schon lange beschäftigt hat. Es ist die Erfahrung, dass offensichtlich Vergangenheit, wenn sie beeindruckend, verletzend oder mindestens geheim war, in uns weiter schlummert und sogar vererbt wird. Man kommt nicht wirklich voran in der eigenen Entwicklung, wenn man die Geheimnisse nicht aufdeckt, mindestens verzeiht und abschließt.

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Die Verhaltensform der Kriegsgeneration, schlimme Erlebnisse zu verdrängen, nie mehr zu erwähnen und damit für gelöscht zuhalten, ist ein Trugschluss gewesen. Die unverarbeitete Vergangenheit liegt also im Archiv und wartet darauf, unkontrolliert aufzutreten und unser Leben, unsere Entscheidungen zu beeinflussen. Psychologen können heute in Studien nachweisen, dass selbst Enkel von ihren Großeltern Erfahrungen, vor allem traumatische in sich tragen. Somit macht es für die Nachkriegskinder Sinn, die eigene Familiengeschichte zu erforschen, zu verstehen und schließlich ihren Frieden mit ihr zu schließen.

Und für die Nachkriegsenkel kann es eine Erklärung sein, warum sie plötzlich etwas wissen, fühlen, verteidigen, ablehnen oder schön finden, ohne den Ursprung zu kennen. Sich mit der Vergangenheit seiner Familie zu beschäftigen, ist also keine rückgewandte Lebensform, sondern der Beginn seine Zukunft auf einem wohlbekannten Fundament zu bauen. Es ist der Anfang von einer geistigen Entwicklung, frei von Dämonen. Calit Atlas schreibt auch: Dämonen lieben die Dunkelheit, wenn man Licht anmacht, verschwinden sie.

Mit diesem Bewusstsein habe ich mich auf den Weg gemacht, das Leben meines masurischen Urgroßvaters und seiner Nachfahren in Rastenburg, bis hin zu meiner Mutter nachzuzeichnen, auch im Kontext der wechselnden Politik. Die Wissenslücken waren groß und konnten nur gefüllt werden durch die Unterstützung noch lebender Zeitzeugen. Allen Helfern sage ich an dieser Stelle Dank, dass sie sich mit mir auf den Weg zurück begeben haben.
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Domäne Grohnde/Heike Tappe

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Diverse Fotos im Archiv/ LAELKB /RA Carlshof No.19

Die Recherche zu Buch 2

hat mich nach Nürnberg geführt in das Archiv der evangelischen Landeskirche Bayern. Auf die Spur hat mich eine Veröffentlichung des Historikers Dr. Thomas Greif gebracht zu „ Carlshof – Geschichte einer ostpreußischen Anstalt und ihres Nachlebens“, erschienen in der Rummelsberger Diakonie ISBN 978-3-939171-74-4. Schon in diesem Buch ist mein Urgroßvater namentlich erwähnt und ein Quellenhinweis sagt, dass ich in den Bruderbriefen von Carlshof mehr dazu finden würde. Ein Kontakt mit Dr. Greif bestärkte mich, ein Besuch in Nürnberg würde sich lohnen.

Ich wusste zu dem Zeitpunkt nur, dass Urgroßvater August Schwidrowski als Diakon in den Carlshofer Anstalten gearbeitet hat. Da der Anfang meiner Familie in Ostpreußen, Rastenburg und Carlshof liegt und durch die Flucht der Überlebenden nur ganz wenige Fotos, Daten und Briefe zur Recherche zu mir kamen, war dieser Archiv-Hinweis ein richtiger Glücksgriff für mich. Ich meldete mich also in dem großen Nürnberger Archiv an und mein Besuch wurde schon bestens vorbereitet. Die Carlshofer Bruderschaft hatte nach dem zweiten Weltkrieg in der Rummelsberger Diakonie eine neue Heimat gefunden. Die Flüchtlinge, noch 1950 überall verstreut, bekamen hier Arbeit oder auch Kranken- und Altersversorgung und konnten einander wiederfinden. Auf diese Weise hatten auch die Bruderbriefe, eine Art Newsletter der Diakone von früher, in dem Nürnberger Archiv einen Platz bekommen. Dazu kamen eine Art Geschäftsberichte- einen riesiger Stapel gelbes Aktenpapier lag vor mir.

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Bilder aus Carlshof 1922/ LAEKLB /RA Carlshof Nr. 19

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Eingang von Carlshof / LAEKLB / RA Carlshof Nr. 19

Ich habe mich dort in die Beschreibungen der Arbeit in den Carlshofer Heilstätten vertieft, und dabei Zeit und Mahlzeiten vergessen. Da mein Urgroßvater schon 1933 verstarb, hat er vermutlich keine Erfahrungen mit den Euthanasie-Verbrechen der Nazis gehabt (ein Stein fällt mir vom Herzen!). Die Patienten aus den Heilstätten sind nämlich in der nachfolgenden Zeit grausam ermordet worden. Aber ich nehme mir fest vor, einigen von ihnen ein Gesicht zu geben, indem ich ihre Geschichten in meinem Buch zum Leben erwecke.

Während ich also in den Akten und Bruderbriefen lese und suche, finde ich schließlich eine Ausgabe von Juli 1933. Und darin einen Nachruf zum Tode meines Urgroßvaters. Endlich erfahre ich auch, warum er sich mit seiner Familie zur Geburt meines Großvaters Johannes in Lodz aufhielt (damals Kongresspolen unter der Herrschaft des Zaren, heute Polen). Seine Lebensstationen sind so spannend, für ein Buch würde schon seine Familiengeschichte genug „Futter“ liefern. Ich darf die Texte fotografieren und mein Handy füllt sich Seite um Seite.

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Familie Schwidrowski / LAEKLB / RA Carlshof Nr. 19

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Brüderbriefe aus Carlshof - Deckblatt /LAEKLB / RA Carlshof Nr. 19

Dann gibt es zu guter Letzt noch einen nicht datierten, unsortierten Stapel mit Fotos, zusammengetragen aus Privatalben der Flüchtlinge. Man sieht den Bildern an, welche Wege sie gehen mussten. Ich bedanke mich bei allen, die ihre Bilder gerettet und hier zur Verfügung gestellt haben. Ich nehme eins nach dem anderen zur Hand, finde einiges über die Arbeit in Wilhelmsdorf heraus, das Vorwerk von Carlshof. Geführt wie ein landwirtschaftlicher Großbetrieb, wurden hier Patienten zur Arbeitstherapie eingesetzt. Das ist kein Ausnutzen von Arbeitskräften gewesen, sondern eine Chance in Zeiten von Hungersnot sich selbst zu versorgen. Ich hatte bislang nur ein einziges Foto von meinem Urgroßvater, etwa 1910 in Lodz aufgenommen. Und doch habe ich eine gute Vorstellung, wie er aussieht. Ob ich hier wohl noch etwas finde? Und plötzlich halte ich ein Bild in der Hand, etwa 1920 in Carlshof aufgenommen! Darauf sehe ich August mit seiner Frau Martha und zwei seiner Kinder, alle lachen glücklich in die Kamera. Auf der Rückseite steht ganz zart mit Bleistift geschrieben: Familie Schwidrowski.  Die Mädchen haben eine Rose in der Hand, vielleicht ist heute Silberhochzeit? – Vor meinem geistigen Auge wächst schon der Text. Zum Glück fahre ich mit dem Zug zurück in den Norden und kann so meine Gedanken gleich zu Papier bringen.

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